Größte Schmalztopfsammlung der Welt steht in Huttenheim

Eheleute Rudi und Ruth Schmidt haben tausend Exponate – und ein eigenes Museum

Die Schmidts sind „Weltmeister“, weil sie die größte Schmalztopfsammlung der Welt haben. Das behaupten jedenfalls die Eheleute Rudi und Ruth Schmidt. Seit Jahren recherchieren beide Senioren und ihre Kinder – und haben noch nie etwas Vergleichbares gefunden, weder in Deutschland noch sonst irgendwo. Wer knapp 1.000 Schmalztöpfe zusammenträgt, den muss schon eine außergewöhnliche Leidenschaft auszeichnen. In Huttenheim gegenüber der Apotheke haben die „Graublauen“ aus Europa eine Art Asyl gefunden.

Zur Einstimmung auf ihr eigenes Topfmuseum wird im Eingangsbereich eine Sammlung von gut 100 Steinkrügen, plus weiteren Trinkbechern und Sauerkrautständern präsentiert. Die vordere Hauswand schmücken viele Antiquitäten und Raritäten, so ein 20-Liter-Feldmann-Essig aus einem Tante-Emma-Laden oder ein Bottich aus der „Essigfabrik Christian Riempp“. Beide Sehenswürdigkeiten könnten aus den 1930-er Jahren stammen.

Mit dem Sammeln haben die Schmidts vor etwa elf Jahren begonnen. Damals erbten sie die elterlichen und großelterlichen Schmalztöpfe und wollten die guterhaltenen Nachlässe nicht einfach wegwerfen. Damit die Requisiten aus der Vorzeit nicht einsam herumstehen, suchten die Eheleute auf Flohmärkten nach Ergänzungen und erwarben so einen Topf nach dem anderen. Inzwischen ist das Anwesen als „Schmalztopfmuseum“ bekannt. Viele Freigiebige aus der Umgebung wissen: Dort sind alte Schmalzbehältnisse, die ansonsten nutzlos auf dem Speicher herumstehen, gut untergebracht.

Doch wo stellt man die Riesenmenge unter? Im langgestreckten Innenhof verzieren sie drei Umfassungsmauern. Mehrstöckige dicke Dielen sind im Mauerwerk verankert. Wer den Hof betritt, sieht rechts, links und geradeaus nur noch Töpfe. Verlorengehen kann keiner. Alle Sammelobjekte sind katalogisiert und literweise aufgeführt: von 0,4 Liter bis 24 Liter.

Rundum gibt es flache und hohe Gefäße, bauchige und schlanke, mit und ohne Deckel, mit und ohne Henkel, in Urform oder in einer abgewandelten Variation. Alles ist Handarbeit, so richtig handgetöpfert, denn damals gab es noch keine maschinellen Fertigungen. Bei Schmidts Ausstellungsstücken handelt sich um Steingutware mit meist grauem Grundton, blaugrau bemalt und lasiert.

Schmalz (von schmelzen) ist weiterverarbeitetes Schlachtfett von Tieren, vor allem von Schweinen und Gänsen. Übrigens: Eine große Rolle spielt der Schmalz im Märchen aus Tausendundeiner Nacht, dem Klassiker der Weltliteratur. Es ist die Geschichte eines Einsiedlers mit dem Schmalztopf, die zu der Erkenntnis führt: „Darum, o König, soll man niemals von etwas sprechen, das noch gar nicht ist.“

Die Huttenheimer Schmalzhaferln sind neu und alt, wurden in den vergangenen zwölf Jahrzehnten hergestellt, der „Senior“ unter ihnen mag zu Kaiser Wilhelms Zeiten erstmals in Gebrauch gewesen sein. Die meisten kommen aus der Region, aus Deutschland, einige aus dem nahen Elsass, aus der Schweiz und Österreich. Der Drei-Liter-Topf steht am häufigsten herum, gleich 133 Mal. Knapp dahinter folgen die Vier- und Zweiliter-Gefäße: 118 und 117 Mal.

Doch der 80-jährige wackere Rudi, von Beruf Dreher und aus Rußheim zugezogen, und seine ebenso fitte 70-jährige Gattin gehen noch andere Sammelleidenschaften nach. In einem etwa 16 Quadratmeter großen Raum ihres Schuppens haben sie ein „Raritätenmuseum“ geschaffen - mit mindestens 700 sehenswerten Exponaten. Darunter sind Haushaltsgeräte von Eltern und Großeltern, so eine Kaffeemühle aus dem Jahr 1933, ein Sand-Seife-Soda-Regal, ein Butterfass und eine eiserne Pfanne, die schwer wie ein Amboss ist. Auf einem Regal schlummern so 35 alte und uralte Bügeleisen.

Werner Schmidhuber

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