"Löwen" nach gut 30 Jahren wieder geöffnet

Interessengemeinschaft bot Tag der offenen Tür im angedachten Bürgerhaus/ 1735 Schankerlaubnis nachgewiesen

Vor rund 30 Jahren hat das ortsbildprägende Gasthaus „Zum goldenen Löwen“ dicht gemacht. Dann gab es dort eine Zeitlang eine Eisdiele. Jetzt, 2016, stand es erstmals wieder offen – nicht die altehrwürdige Gaststube, aber die Einfahrt zum zweiteiligen Gebäude mit seinem schmucken Innenhof. Dank der „Interessengemeinschaft Bürgerhaus“ war dies möglich geworden. Die Rheinsheimer Initiatoren demonstrierten damit, welchem guten Zweck das Anwesen wieder zugeführt werden könnte. Zahlreiche Bürger nutzten die Möglichkeit zur Besichtigung oder zu einem gemütlichen Plausch im denkbaren Biergarten.

Die Aktion, die am 9. September wiederholt wird, gehört zu einer Gesamtstrategie: Ein attraktiveres Rheinsheim mit neuen Einkaufs-, Versorgungs- und Freizeitmöglichkeiten will die Ortsvorsteherin Jasmine Kirschner mitsamt ihrer engagierten Bürgerschaft durch die Bildung einer „Bürgergenossenschaft“ erreichen. Denn der Stadtteil Rheinsheim verliert an Attraktivität: Die Zahl der Geschäfte und Gaststätten wird immer weniger.

Diese unerfreuliche Situation hat dazu geführt, dass sich in „Rhonser“ – so der Ortsname der Einheimischen - eine Interessengemeinschaft gebildet hat, mit dem Ziel, diesen Trend aufzuhalten. In der Ortsmitte befindet sich ein leer stehendes Gebäude, der ehemalige „Löwen“. Das Grundstück und der Gebäudekomplex bieten die besondere Möglichkeit, ein Ladengeschäft, eine Gaststätte und Fremdenzimmer rentierlich zu betreiben. Hierfür sind aber Investitionen für den Ankauf, für die Modernisierung und für die zweckgebundene Einrichtung erforderlich. Neben dem gastronomischen Angebot könnte für die ältere Generation ein Seniorentreff und für allerlei Feierlichkeiten ein Catering angeboten werden. Der Innenhof mit der Kirche im Hintergrund ließe sich in der Sommerzeit als Biergarten verwenden.

Ziele der Genossenschaft sind, wie es vor Ort hieß, einerseits „der Erhalt von Rheinsheimer Kulturgut“ und andererseits die Schaffung eines Kommunikationszentrums für Jung und Alt. Jasmin Kirschners Botschaft: „Wir haben eine wunderbare Ortsmitte – aber wir müssen etwas daraus machen.“ Dann kommt der Fingerzeig: „Wenn wir nichts unternehmen und nur alles treiben lassen, tritt irgendein Investor auf, der Geld machen will. Dann bekommen wir im Ortskern möglicherweise eine Nutzung aufs Auge gedrückt, die niemand will“, heißt es vieldeutig.

1848, kurz vor der Badischen Revolution, in der auch Rheinsheim eine lokalhistorische Rolle spielte, war das Gebäude neu erbaut worden. Doch eine „Schankerlaubnis“ ist seit 1735 nachgewiesen. Den nördlichen Teil des Anwesens bildete die Wirtschaft mit dem Tanzsaal im Obergeschoss, im südlichen Trakt waren ein Konsum, eine Fahrschule, Räume für die Pfadfinder, die Musikschule und den Waldorfkindergarten untergebracht. Die langgestreckte Immobilie hat eine Nutzfläche von über 660 Quadratmeter, außerdem einen ungewöhnlich langen Gewölbekeller, der etwa als Weinstube Verwendung finden könnte. Ingesamt geht es um ein Investitionsvolumen von rund 1,2 Millionen Euro für den Kauf des Anwesens und für Instandsetzung und Ausstattung. Die Bürgergenossenschaft müsse einen Eigenanteil von etwa 250.000 Euro aufbringen.

(Schmidhuber)

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