Aus dem Gemeinderat

Vorhandene Betreuungsplätze reichen bei weitem nicht aus

Neuer sechsgruppiger Kindergarten geplant und Waldkindergarten angedacht

Die Stadt Philippsburg mit Kernstadt und den Stadtteilen Huttenheim und Rheinsheim braucht dringend Betreuungsplätze. Erste Abhilfe soll ein sechsgruppiger Kindergarten in Modulbauweise mit der Möglichkeit eines späteren Anbaus von weiteren Gruppen- und Funktionsräumen schaffen. In einem detaillierten Sachvortrag auf der Grundlage einer 16-seitigen Ausarbeitung stellte Erich Schweikert vom zuständigen Rathaus-Fachdienst die momentane Situation und einen Ausblick mit Prognose auf die nächsten Jahre vor.

Der Gemeinderat folgte, ohne Stellungnahmen der vier Fraktionen, dem Vorschlag von Bürgermeister Stefan Martus, die weiteren Schritte im Zusammenhang mit den anstehenden Haushaltsvorberatungen zu erörtern. Die verschobene Beschlussempfehlung sah auch vor, dass die Verwaltung mit Blick auf Huttenheim einen geeigneten Platz für einen Wald- und Naturkindergarten ermittelt.

In Rheinsheim könnte „St. Agnes“ um das freiwerdende Obergeschoss erweitert werden. Zwei Grundstücke neben dem Standort des neu geplanten Kindergartens im „Sondergebiet“ - zwischen Nikolaus-von-Myra-Schule, Copernicus-Gymnasium und Wohngebiet Erlenwiesen - sollen als Reservefläche freigehalten werden.

Seit 2017 hat die Stadt insgesamt 130 neue Betreuungsplätze geschaffen, doch ein Ende der Fahnenstange sei nicht in Sicht, hieß es. Trotz der zum 1. November erfolgten Erweiterung des gut zwei Jahre alten „Campulino“ um 50 Plätze reichen die bisherigen Anstrengungen, ein ausreichendes Angebot auf Dauer zu gewährleisten, nicht aus. Erheblicher Bedarf bestehe in der Kernstadt, aber auch - allerdings in geringerem Maße - in den beiden Stadtteilen. Dort sollte die Kooperation mit dem Tageselternverein zur Gewinnung neuer Tagesmütter und zur Schaffung von neuen TigeR-Gruppen fortgesetzt werden, um den vorrangigen Bedarf 2021/2022 zu decken.

Wie Schweikert betonte, dürften die Investitionen für die beabsichtigte sechsgruppige Einrichtung bei mindestens 4,7 Millionen Euro liegen. Dafür gebe es wohl einen Investitionszuschuss des Bundes von voraussichtlich 880.000 Euro. Für die Campulino-Erweiterung könne mit einem Zuschuss von 322.000 Euro gerechnet werden.

Die jährlichen Betriebskosten für die neuen sechs Gruppen betragen sodann etwa 1,3 Mio Euro. Bei 585.000 Euro liege das von der Stadt jährlich zu tragende zusätzliche Defizit. Das Gesamtdefizit aus dem Betrieb aller Kindergärten belaufe sich im Jahr 2018 auf stattliche 3,3 Mio Euro.

Als Grund für den zunehmenden Platzbedarf nannte Schweikert die weiterhin hohen Geburtsraten, die anhaltend hohe Erwerbstätigkeit von Frauen und den Zustrom in den Neubaugebieten. Allein in den „Erlenwiesen“ entstehen 346 neue Wohneinheiten. Auch gebe es in der Stadt einen deutlichen „Zuwanderungsüberschuss“. Durch Corona habe sich kein Bedarfsrückgang eingestellt.

Der jetzt absehbare Bedarf beträgt drei Ü3- und drei U3-Gruppen mit insgesamt 105 Plätzen. Vier dieser Gruppen (je zwei Gruppen U3 und Ü3) sollten schon ab September 2021 zur Verfügung stehen, die zwei weiteren ab September 2022. Im Vorgriff auf einen möglichen Mehrbedarf sollte der neue Kindergarten so geplant werden, dass später, wenn nötig, noch Anbauten erfolgen könnten.

„Heilung“ nach Gerichtsurteil angesagt

Gemeinderat befasste sich mit „Korrektur und Ergänzung“ des Bebauungsplans Salmkaserne

Um den Bau des Logistikzentrums auf dem ehemaligen Kasernengelände weiter verwirklichen zu können, hat - nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) - die Gemeinderatsmehrheit den Bebauungsplan geändert, korrigiert und ergänzt, sozusagen juristisch „geheilt“. Dabei ging es um die planungsrechtlichen Festsetzungen und um die Begründungen.

Für die meisten Kommunalpolitiker und Zuhörer war das, was sich hinter dem Tagesordnungspunkt „Bebauungsplan – Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach dem Baugesetzbuch“ nur schwer verständlich. Schon vor Beginn seiner Ausführungen warnte der von der Stadt beauftragte Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hansjörg Melchinger, es gehe ausschließlich um juristische Details. Um „juristische Spitzfindigkeiten“ hieß es bei einer Wortmeldung im Gemeinderat.

So stand etwas verklausuliert in der Verwaltungsvorlage: „Daher wird der Bebauungsplan nach derzeitiger Sichtweise der Normenkontrollgerichte nur dann Bestand haben, wenn die hier für das Gebiet festgesetzte Geräuschkontingentierung im Verhältnis zu einer nicht kontingentierten Fläche außerhalb des Plangebietes erfolgt.“

Grund dafür, weshalb sich der Gemeinderat damit befasste: Das geplante Logistikzentrum auf dem ehemaligen Kasernengelände kann einstweilen nicht gebaut werden. Im Beschwerdeverfahren hatte der VGH Mannheim den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe kassiert. Damit darf „Dietz Logistik“ bis auf weiteres von der Baugenehmigung keinen Gebrauch machen.

Der Beschluss des VGH stützt sich auch darauf, dass das Landratsamt bei der Erteilung der Baugenehmigung die Verkehrslärmauswirkungen des Bauvorhabens nicht hinreichend berücksichtigt und keine Nebenbestimmungen erlassen habe. Nach dem Gutachten zur Baugenehmigung fallen die Lärmimmissionswerte zu hoch aus, da der Zu- und Abfahrtsverkehr der Speditions-LKW auch noch im Bereich der öffentlichen Straßen dem Speditionsbetrieb zuzurechnen ist.

In prägnanter Form gaben Volker Ceh (Uli), Peter Kremer (FW) und Jasmine Kirschner (SPD) ihre Zustimmung und betonten die Wichtigkeit des Lärmschutzes. Kritik kam von der CDU, die geschlossen dagegenstimmte. Hans Gerd Coenen warnte, „in ein laufendes Gerichtsverfahren“ einzugreifen und erinnerte an die gänzlich anderen Voraussetzungen im Beschlussjahr 2012/2013, als dem Gemeinderat ein umweltfreundliches Blockheizkraftwerk auf dem Gelände versprochen wurde.

„Bibliothekskonzeption 2030“ vorgelegt

Gemeinderat stimmt Strategieplanung und Neuausrichtung zu

Eine neu erarbeitete 40-seitige „Bibliothekskonzeption 2030“ mit einer aufschlussreichen Zukunftsausrichtung haben die Verantwortlichen der 42 Jahre alten Stadtbibliothek dem Gemeinderat vorgelegt, der sie „zustimmend zur Kenntnis“ nahm. Die acht Hauptpunkte mit 25 Untergliederungen erläuterte Rathaus-Fachbereichsleiter Erich Schweikert.

In der Vorlage wurde auch darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat vor geraumer Zeit beschlossen hat, den Stellenplan der städtischen Bibliothek von 2,0 auf 2,5 Stellen aufzustocken und eine Stelle für einen Ausbildungsplatz zu schaffen. Mit der Erörterung des Themas im Rat werde der Anregung der CDU-Fraktion von 2019 Rechnung getragen, ein neues Konzept für den Betrieb der Bibliothek mit klarer Zielplanung vorzulegen, ließ die Verwaltung in den Gemeinderatsunterlagen wissen. Ausgeweitet sind inzwischen die Öffnungszeiten auf 21 Wochenstunden, wiederhergestellt ist der Öffnungszeitraum am Freitag von 10 bis 14 Uhr.

Die Bibliothek unterstützt die schulische sowie berufliche Aus- und Weiterbildung, sie dient der Leseförderung von Kindern und Jugendlichen und trägt durch ihr breites Angebot von Unterhaltungsmedien zur Freizeitgestaltung bei, war schriftlich und mündlich zu erfahren. Trotz des Internets gebe es keine rückläufigen Zahlen. In den Räumlichkeiten im Untergeschoss der Konrad-Adenauer-Realschule stehen derzeit mehr als 31.000 Medien zur Verfügung. 2019 kam es zu 63.000 Ausleihen, lauteten die Angaben von Bibliotheksleiterin Manuela Engelmann.

Im Zusammenwirken mit den Ehrenamtlichen habe sich das Team der Stadtbibliothek bis zur coronabedingten Schließung intensiv um die Vermittlung der Grundkompetenzen von Bildung, also die Leseförderung und Medienkompetenz, gekümmert. Im Blick stehe eine bessere Erschließung der Nutzergruppen Schüler, Migranten und Senioren.

Das nun vorgelegte wegweisende Konzept „Stadtbibliothek im Wandel“ besteht aus einer Analyse, aus Basisparameter und Kennzahlen die Stärken und Schwächen, auch aus einer Umfeldanalyse. Im Hauptkapitel werden die zu verstärkenden Handlungsfelder beschrieben: die Bibliothek als Medien- und Servicedienstleister, darüber hinaus die Bibliothek als wichtiger Lernort und – was allerdings im Gemeinderat auf eine skeptische Beurteilung stieß – auch als Aufenthaltsort und als Stätte der Begegnung und Integration.

Für Fortsetzung des eigenen Integrationsmanagements

„Freundeskreis Asyl“ soll die Arbeit für die derzeit 189 Flüchtlinge leisten

Mit Mehrheit hat der Gemeinderat von Philippsburg die Fortsetzung des Integrationsmanagement durch den „Freundeskreis Asyl Karlsruhe“ bis zunächst zum Jahresende 2022 beschlossen. Das Integrationsmanagement habe insgesamt eine gute Arbeit geleistet, stellten die Sprecher der vier Gemeinderatsfraktionen fest.

Der Verwaltungsempfehlung und der Argumentation in der Sitzungsvorlage folgten Tanja Maier (Uli), Peter Kremer (FW) und Birgit Westermann-Hartfelder (SPD). Die CDU hingegen sähe es lieber, wenn die Kommune – wie immerhin 30 der 32 Gemeinden - dem gemeinsamen Integrationsmanagement des Landkreises beigetreten wäre und beitreten würde, betonte Hans-Gerd Coenen. Doch eine Mehrheit im Rat wollte die Weiterführung des im Dezember 2017 beschlossenen „eigenen Wegs“ und beauftragte die Verwaltung mit der Verlängerung des bestehenden Vertrags.

Hintergrund: Seit 2017 stellt das Land Baden-Württemberg seinen Kommunen finanzielle Mittel für die Integration von Flüchtlingen zur Verfügung. Dies geschieht einerseits durch den Integrationslastenausgleich, andererseits durch Übernahme von Personal- und Fortbildungskosten für die soziale Betreuung der Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung.

Die vom Land genehmigte 1,0 Stelle teilen sich zwei Beschäftigte des Freundeskreises zu 70 Prozent und 30 Prozent. Zuständig sind sie für die nunmehr insgesamt 204 Flüchtlinge, die in Philippsburg aufgenommen wurden. Davon leben 96 Personen noch in städtischen Unterkünften oder angemietetem Wohnraum. 108 Flüchtlingen ist es gelungen, privaten Wohnraum anzumieten. Aktuell sind bei den beiden Integrationsmanagern etwa 98 laufende Fälle anhängig, dabei handelt es sich um Einzelpersonen und um Familien. Mit ihrer täglichen Arbeit erreichen sie derzeit rund 180 der in Philippsburg wohnhaften Flüchtlinge.

Wie es in der schriftlichen Zusammenfassung hieß, waren die beiden Integrationsmanager auch während der Coronakrise ständig präsent, zunächst per Telefon und nach kurzer Zeit auch persönlich im Büro vor Ort erreichbar. Zusammen mit dem Hausmeister der Unterkünfte hielten und halten sie die Flüchtlinge ständig an, die Hygienemaßnahmen zu beachten.

Die seit nunmehr fünf Jahren geleistete Integrationsarbeit des Freundeskreises Asyl bewerte die Verwaltung wegen des großen Engagements der beiden Integrationsmanager als „hervorragend“, betonte der zuständige Rathaus-Fachdienstleiter Erich Schweikert.

 

Schmidhuber

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