„Bevölkerung Philippsburgs hat nichts zu lachen“
Rheinsheimer Fastnachtsumzug mit 58 Wagen und Fußgruppen als Zuschauermagnet
Fast hätte es noch einen Crash gegeben: Die ortsfremden „Hoggema Ringdeifel“ marschierten mit ihrem Großaufgebot in die falsche Richtung - schnurstracks dem richtigen Zug auf der richtigen Strecke entgegen. Doch gottlob merkten sie es noch rechtzeitig und reihten sich ordnungsgemäß ein, so dass es keinen närrischen Zusammenstoß auf der Straße gab.
Auch 2018 konnte der Rheinsheimer Faschingsumzug das Attribut „klein aber oho“ für sich in Anspruch nehmen. An den geschmückten Ortsstraßen standen begeisterte Fastnachter, winkten und klatschten, schunkelten und hellauten laut. Auffallend viele Pfälzer hatten sich über den Rhein gemacht und unterstützten als Teilnehmer oder als Zuschauer „unsere guten badischen Freunde“, wie einer verlautbaren ließ. Etwa die Hälfte der 58 Umzugsteilnehmer dürfte aus dem Nachbarbundesland gekommen sein.
Wehklagend äußerte sich die Truppe des „WSC Rheintreue“ und schrieb auf den Wagen: „Die Bevölkerung hat nichts zu lachen – mit Philippsburg kann man alles machen“, hieß es fatalistisch. Und auf der Rückseite stand zu lesen, was sie damit meinten: „Zwei Polder, Atomzwischenlager, Dammrückverlegung, Konverter, Giftlager.“ Mancher Zuschauer sah es genauso und zollte Beifall.
War es politisch gemeint? Eine Pfälzer Abordnung stellten sich als „grüne Socken“ vor. Unter den Narren tummelten sich auch der schaurige „Graf Spargular und seine Queen aus Transsilvanien“. Nicht zu Hause bleiben wollten die Senioren der Gemeinde, und so beteiligten sich die „Klageweiber“ mit ihren Rollatoren und die ziemlich gebrechliche Volksschulabschlussklasse 1947.
Den langen Zug, der öfters ins Stocken geriet, führte der ARGE-Mitorganisator Peter Haake an, vom Wagen herab grüßte Erhabenheit und Ehrenstockrieb Doris I., vom Stockriewer-Gefolge eskortiert, darunter auch drei bezaubernde Schwarzwaldmädchen aus Doris Hormuths früherer Heimat. Trotz der Kälte feierten die Rheinsheimer und die vielen auswärtigen Besucher ausgiebig und ausgelassen das Großereignis. Auf der Strecke mit etlichen „Verpflegungsstationen“ vor den Häusern herrschte beste Stimmung. An originellen Motiven, an Vielfalt, Abwechslung und Farbenpracht mangelte es nicht.
Auf Achse waren viele unheimliche Gestalten: so Hexen, Elfen, Schreckgespenster, Waldgeister, Vampire und Aliens. Der Ruf Rheinsheims reicht in alle Teile der Welt, denn auch kalte Eskimos und heiße Piraten wollten mitmachen, sogar Pinguine aus dem Norden und Löwen aus dem Süden. Unter die Zugnummern, die allesamt mit erstaunlicher Kreativität aufwarteten, mischten sich Jung und Alt gleichermaßen. Livemusik sorgte dafür, dass das Publikum mitsingen und mitschunkeln konnte. Viel Beifall bekamen die fünf berüchtigten Bänkelsänger der Concordia, die mitunter als Mafiosi verdächtigt wurden.
(Schmidhuber)