Dreikönige unterwegs:

Philippsburg jetzt unter königlichem Schutz

Das sogenannte Sternsingen ist ein alter Brauch, der auf die Erwähnung der Sterndeuter im Matthäus-Evangelium zurückgeht. In Philippsburg etwa wird er seit gut 100 Jahren gepflegt, in Huttenheim seit etwa 70 Jahren. Die Dreikönige schreiben überall über die Türen, Tore und Portale die Zahlen und Buchstaben: „20+C+M+B+18“.

So stehen jetzt auch das Philippsburger Rathaus und seine Mitarbeiter stehen jetzt unter dem Schutz der Heiligen Dreikönige. Über dem Haupteingang steht „Christus Mansionem Benedicat“ geschrieben: Christus segne dieses Haus.

Gleich drei gekrönte Häupter suchten mit Begleitpersonal den Verwaltungssitz auf, schwenkten ein Weihrauchfass und reichten eine Spendenkasse. Gemeinsam sangen sie ein mehrstrophiges Lied, überbrachten in Gedichtform gute Wünsche, erteilten den Haussegen: „20+C+M+B+18“.

Zu der Gruppe gehörten der schwarze Caspar (Leonie Zimmermann), der braungebrannte Melchior (Joelle Ogasa) und der weiße Balthasar (Benjamin Imiela). Das Triumvirat aus dem Morgenland wurden vom Sternenträger Caspar Heiderczek und Gruppenchef Maximilian Pyttel begleitet.

Vom Beigeordneten Dieter Day, der die Gruppe im Rathausfoyer empfing, gab es eine großzügige Spende und ein großes Dankeschön für den Besuch und den Einsatz.

(Schmidhuber) 

Dreikönige unterwegs: Huttenheim mit langer Tradition

„Wir haben vermutlich die zweitältesten Dreikönige in der ganzen Region“, betont Werner Dietrich aus Huttenheim. Seit rund 70 Jahren, wohl seit 1949, sind dort an und um Dreikönig die „Weisen aus dem Morgenland“ unterwegs. Und der 81-jährige Dietrich muss es ja wissen. 1948 bestritt er als gekröntes Oberhaupt die Nachkriegspremiere.

Zu viert zogen die Buben durch alle Straßen Huttenheims. Den Ältesten der Truppe begleiteten drei weitere Ministranten: Walter Weick, Helmut Barth und Sternenträger Kurt Brunner. Dreieinhalb Jahre nach Kriegsende mangelte es an allem, auch an königlichen Gewändern. Also hüllten sich die vier Gold-Weihrauch-und Myrrhe-Überbringer in weiße Betttücher. Aus Goldpapier bestanden ihre Kronen.

Die damalige Dorfschwester Olga, die das Brauchtum aus dem Schwarzwald kannte, organisierte die Hausbesuche mit Sammelaktion und sprach Ministranten aus ihrer Wohngegend an. So drei Tage lang sangen die jungen Könige vor und in den Häusern und baten um eine Spende: nicht, wie später üblich, für ein Missionswerk, sondern für neue Kirchenfenster, die im Krieg zusammengeschossen worden waren, so erinnert sich jedenfalls Dietrich.

Und siehe da: Ein sensationeller Betrag kam zustande, den sie ihrem Pfarrer, Dekan Johannes Gothe, ablieferten: knapp 1.200 Deutsche Mark, dank großzügiger Huttenheimer, die sich auch in den Folgejahren als recht spendabel zeigten. Für die Jungs gab es aber nicht nur Moneten, sondern auch Süßigkeiten für den Eigenverbrauch: „Kaum Schokolade, aber dafür Weihnachtsplätzchen und Bonbons“, berichtet Werner Dietrich. „Für jede Kleinigkeit waren wir dankbar, denn wir hatten alle ja nicht viel.“

Wie in Huttenheim 2018, so waren in den vergangenen Tagen in den Gemeinden des Landkreises mehr gekrönte Häupter auf Achse als in allen Monarchien der Welt zusammen. Erst 1958 griff das Kindermissionswerk mit seiner „Sternsingeraktion“ diese alte Tradition auf, die ihren Ursprung in mittelalterlichen Umzügen hatte, und gab ihr eine neue Zielsetzung. Heute ist das Sternsingen die weltweit größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder.

Doch Huttenheim ist nicht die Gemeinde mit dem am längsten praktizierten Dreikönigsbrauch. Philippsburg pflegt diesen besonderen Brauch am längsten. Nach mündlichen und schriftlichen Überlieferungen sollen die Dreikönige in der ehemaligen Festungsstadt schon in den 20er Jahren, ja sogar vor dem Ersten Weltkrieg, aufgetaucht sein.

Die Häuserbesuche organisierte der jeweilige Kaplan. In den Wohnungen sang die Truppe - wie auch heutzutage - ein Dreikönigslied, sprach den Segenswunsch und schrieb mit Kreide die Buchstaben C+M+B plus Jahreszahl über die Tür.

Erst gegen Ende der 1950er Jahre zogen die anderen Kommunen nach. Frühere Einsätze als in Philippsburg und Huttenheim sind andernorts nicht bekannt. 1958 beispielsweise kam in Wiesental die Initiative zur ersten privaten Sternsingeraktion zustande.

Bekannt in der Gegend sind zwei Bauernregeln: „Wie sich das Wetter bis Dreikönig hält, so ist das nächste Jahr bestellt“ und „Dreikönigsabend hell und klar, verspricht ein gutes Erntejahr.“

(Schmidhuber)

 

Nachtrag: Laut Aufzeichnungen von Helmut Barth waren die Königskronen aus Goldpapier, die Gewänder aus Leintüchern mit aufgenähten Bordüren, das Rauchfass mit Schiffchen stammte aus der Sakristei.

Der „Mohr“ war mit Ruß oder Schuhwichs geschwärzt. So gekleidet zogen sie in den Abendstunden von Haus zu Haus, sangen ihr Dreikönigslied.

Die Einwohner waren überrascht, denn die Aktion war nicht angekündigt. Das gesammelte Geld wurde in den Kirchenfonds einbezahlt und sollte für die Beseitigung der im Krieg entstandenen Schäden an der Kirche verwendet werden.                                                                          

Zurück