Größte Sorgen wegen des größten Gefahrstofflagers Europas
Donald Trump soll sein Depot im Zuge von „America First“ zurückholen
„Wir sind informierter, wir sind schlauer, aber wir sind auch besorgter.“ So äußerte eine junge Frau nach zwei Stunden. „Es ist unglaublich, was man der Bevölkerung alles zumutet.“ Was sie aber am meisten ärgere, sei die fehlende Transparenz. „Es scheint sich wohl um ein geheimes Kommando zu handeln.“
Sorgenvolle Mienen, ungläubiges Kopfschütteln überall: Das gerade 3,4 Kilometer entfernte Germersheim soll mit den bereits 2012 stillschweigend genehmigten 1.200 Tonnen und jetzt geplanten weiteren 1.900 Tonnen, also insgesamt 3.100 Tonnen, das größte Gefahr- und Giftstofflager in Europa werden. Vorgesehen sind auf dem Gelände des US-Militärs, wie es offiziell heißt, die Einlagerung von sehr giftigen, giftigen, brennbaren, entzündbaren, explosiven und ätzenden Stoffen und Gemischen.
Zunächst zur gründlichen Information, dann aber auch zur aktiven Beteiligung im Kampf gegen das „unzumutbare Projekt“ hatte die im August 2017 von der Pfalz aus gegründete „Bürgerinitiative gegen die Erweiterung des Gefahrstofflagers“ aufgerufen und dabei ein klares „Nein zu giftigen, hochentzündlichen und umweltgefährlichen Stoffen vor unserer Nase“ artikuliert. Bei einem möglichen Unglück kenne der Wind keine Landesgrenzen.
Das sahen auch viele rechtsrheinische Bürger aus Rheinsheim, Philippsburg, Waghäusel, Dettenheim und Oberhausen-Rheinhausen so, die ins Sebastianusheim gekommen waren, um den BI-Sprecher Reinhard Werner mit seiner präzisen Powerpoint-Präsentation zu hören. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgten auch die Bürgermeister Stefan Martus (Philippsburg), Ute Göbelbecker (Dettenheim), Martin Büchner (Oberhausen-Rheinhausen), Rheinsheims Ortsvorsteherin Jasmine Kirschner und etliche Gemeinderäte die – so ein Kommentar aus dem Publikum - „besorgniserregenden und eigentlich unglaublichen Ausführungen“ der BI-Aktivisten. Von 50 Tonnen sehr giftigen Stoffen und 1.900 Tonen „krebserregenden Stoffen“ sei im vorliegenden Antrag auf Erweiterung der Kapazitäten die Rede. Für das Genehmigungsverfahren zeichnet die Kreisverwaltung Germersheim verantwortlich.
Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es? Wer kontrolliert das Ganze? Immer wieder kamen diese Sorgen zum Ausdruck. Zu den Feststellungen der Bürgerinitiative gehörte auch, dass es keinerlei Überwachungen des Lagers gebe, keine Kontrollen, keine Sicherheitsgarantie, keine Behebung bereits ausgemachter Sicherheitsmängel, keine Akteneinsicht. Eine Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr existiere nicht. Bei einer Katstrophe würde man Feuerwehrhilfe aus Mannheim oder Ramstein anfordern, so hätten sich die Depot-Verantwortlichen geäußert.
In Germersheim geht man von bis zu 250 Gefahrguttransporten täglich aus. “Was passiert dort im Fall eines Flugzeugunglücks wie jetzt am Erlichsee“, fragte Jasmine Kirschner. Bürgermeisterin Göbelbecker lobte die „sachlich vorgetragenen und rundum begründeten Informationen“. In einem Statement erinnerte Martus, dass Philippsburg im Zuge des Anhörungsverfahrens den Antrag auf Erweiterung strikt abgelehnt habe. „Wir möchten hier kein Gefahr- und Giftstofflager haben“, lauteten die einmütig erhobenen Forderungen, die mit viel Beifall bedacht wurden. Reinhard Werner forderte mit ironischem Unterton US-Präsident Donald Trump auf, im Sinne von „America First“ das Giftarsenal nach Amerika zurückzuholen.
(Schmidhuber)