Hoheiten, Hexen und Herschböck
73. Fastnachtsumzug mit 40 Fußgruppen und drei Preisträgern
Wie glückselig muss es in einer Stadt zugehen, in der es keine kommunalpolitische Themen für die Narren gibt. Beim 73. Umzug der Karnevalsgesellschaft Narhalla konnten die Zuschauer den Eindruck gewinnen, als sei alles in bester Ordnung und nichts lasse sich karikieren. Mögen sich die Fraktionen immer wieder im Gemeinderat streiten, die Fastnachter in Philippsburg und Umgebung kümmern sich um andere Belange.
„Mir henn kee Angschd vor de Inflation, mir drugge schunn di negschd Million“, verkündete die „Närrische Bagaasch“ im schönsten Dialekt. Und verteilte Millionen. „Das ganze Leben ist ein Spiel“, lautete die philosophische Betrachtung des Ski- und Kanuclubs. Bürgermeister und Gemeinderäte durften rätseln, was mit dem Hinweis „Als Rheinsheim noch alleine war“ gemeint sein könnte. Sehnen sich da ein paar Nostalgiker, zusammengeschlossen als fünf harmlose „Rhosemer Fasnachtssänger“, nach der guten alten Zeit?
Die relativ milden Temperaturen lockten zahlreiche Zuschauer auf die Gehwege. Durch das Innenstädtchen zogen 40 sehenswerte Fußgruppen. Alles Motorisierte musste erneut zuhause bleiben. Angeführt wurde der Fußmarsch vom „Ersten Schützenverein“, der hin und wieder seine Kanonen bollern ließ, wie damals zu Festungszeiten. Hoheit Prinz Philipp LXXIII. mit Hofstaat stand hoch oben auf dem Wagen und winkte seinen Untertanen gnädig zu. Auch der „Landadel“ aus Rheinsheim mit Seiner Herzoglichen Durchlaucht namens Gerd Herzog beteiligte sich am Prominententreffen.
In die Fastnachtshochburg am Rhein strömten auch Waldgeister, mehrere Hexengruppen und allerlei gehörnte Monster, die sich durch die gesäumten Straßen drängten. Aus der Vergangenheit tauchten Steinzeitmenschen, Rittersleut und „Legenden“ auf, darunter Elvis Presley und Queen Elisabeth. Die Tierwelt vertraten Schmetterlinge, Bienchen, Frösche, „Samtpfötchen“ und Huttener Herschböck. Dutzende von Schlümpfen marschierten tapfer mit. Für Stimmung sorgten auch die Badner Schalmeien.
Breite Aufmerksamkeit fand die Schar der „Geese“, die beliebtesten Tierchen in der Stadt. Im weiten Umkreis tragen die Philippsburger den mundartlichen Uznamen „Geese“: wohl deswegen, weil in früheren Zeiten in jedem Haushalt eine oder mehrere Geißen, so die Bezeichnung für die weiblichen Ziegen, gehalten wurden.
Dank der „Narhalla“ mit Harald Weis und Klaus Umstadt an der Spitze und vielen Mitstreitern wurde das Großereignis zum großen Erfolg. Eine riesige Geburtstagstorte zeigte an, dass der Verein in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag feiert. Wohl so um die 4.000 bis 5.000 Besucher freuten sich, die Fastnachter mit Jubel und Beifall, Ajau- und Helau-Rufen begrüßen zu können.
Mit auffallend tollen Kostümen setzte sich die SKC-Fußgruppe ins schönste Fastnachtslicht. Auf Platz zwei und drei hob die sechsköpfige Jury die „Rhosemer Eigengewächse Dumm und Dünger“ und dahinter die „Bagaasch“.
Werner Schmidhuber