Jury ermittelt Sieger: Kombination aus Stadtmauer und Davidsstern

Stadt sieht moralische Verpflichtung für Denkmal an Deportation nach Gurs

„Die Geschichte der Stadt Philippsburg ist auch die Geschichte der Philippsburger Juden.“ So begründet Beigeordneter Dieter Day die Initiative zusammen mit der Konrad-Adenauer-Realschule, ein Denkmal zur Erinnerung an die Deportation von 21 Philippsburger Juden zu schaffen. Deren Abtransport nach Gurs auf einem Lastwagen war am 22. Oktober 1940 erfolgt.

An das „schreckliche menschenunwürdige Ereignis“, so Day, soll jetzt ein Denkmal erinnern, das in enger Zusammenarbeit von Stadt, Sparkassen-Kulturstiftung und Realschule auf den Weg gebracht wird. Wie könnte ein würdiger Denkstein aussehen, der an die Judenvernichtung erinnert? Zwei zehnte Klassen der von Anfang an mit eingebundenen Realschule stellten Überlegungen an, machten sich ans Werk und schufen Modelle, die als Monumente auf einem Platz mitten in der Stadt geeignet sein könnten. So entstanden 18 durchweg beeindruckende Entwürfe.

Jetzt entschied eine hochkarätige fünfköpfige Jury über den Sieger des klasseninternen Wettbewerbs. Die Juroren kamen aus dem Regierungspräsidium, der Staatlichen Kunsthalle, der Kulturstiftung der Sparkasse, des Staatliches Seminars für Didaktik und Lehrerbildung und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste – und gaben ein einstimmiges Votum ab. Ihre Wahl fiel auf eine Steinbearbeitung der beiden Schüler Simon Braun und Szymon Widonski. Auf einem etwa ein Meter hohen Steinquader ist eine Kombination aus der alten Philippsburger Festungsmauer mit den vorgelagerten Schanzen und dem typischen Davidsstern zu sehen. Das Hexagramm gilt als Symbol des Volkes Israel und des Judentums.

Eine Zweitfertigung soll nach Neckarzimmern kommen. Zum Projektstart hatten die Schüler das 25 Mal 25 Meter große Mahnmal in der Odenwald-Gemeinde besucht. Das dort entwickelte Konzept sieht auch die Errichtung von Erinnerungssteinen vor – für jeden der 138 Orte der Region, aus denen Juden deportiert wurden. Ein Stein bleibt in der jeweiligen Gemeinde, der zweite wird in die zentrale Bodenskulptur integriert.

Für den Erfolg des ehrgeizigen Projekts vor Ort zeichneten vor allem Rektorin Dr. Ina Kreisel, die beiden engagierten Kunstlehrerinnen Susanne Dörr und Katja Konrad, Hobbyhistoriker Dieter Haas und schließlich Gisela von Renteln, Geschäftsführerin der Kulturstiftung, die für die nicht unerheblichen Steinmetz-Kosten aufkommt, verantwortlich. Die Sponsorin lud für die Sparkassen-Jugendstiftung die gesamte Künstlerschar „als Dank für ihre Mühe“ zu einem Besuch in die Kunsthalle Karlsruhe ein. Beigeordneter Day unterstrich in seiner Ansprache die Notwendigkeit, sich mit einem der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte auch künftig auseinander zu setzen.

In der um weitere Fachleute erweiterten Runde kam der Vorschlag, als Material ein Stück aus der ehemaligen Festungsmauer zu verwenden. Klar ist: Das Denkmal soll vor der Festhalle einen Platz finden, wo einst das Wohnhaus des Judenvorstehers stand, mit dessen Geldern später ein „Armenhaus für Betteljuden und arme Christen“ wurde. Aus dem Jahr 1648 stammt der erste Nachweis für ein Wohnhaus eines jüdischen Bürgers in der späteren Judengasse. 1720 lebten bereits 20 Familien jüdischen Glaubens in der Reichsfestung.

(Schmidhuber)

 

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