Machthaber entmachtet

Rathaussturm in Philippsburg

Mit entmachteten Machthabern machen Aufständische oft kurzen Prozess. Glimpflich davon kam der seitherige Philippsburger Stadthalter. Dass er sich als Adliger verkleidet unters Volk mischte, war wenig ideenreich und half nichts.

Kurzerhand setzten ihn die Meuterer ab, fordern die Übergabe der Stadtkasse, die Anerkennung der vom neuen Imperator erlassenen elf Gesetze, die Unterwerfung gegenüber Prinz Philipp LXXI. und dem Mitregenten Guido I. aus dem Geschlecht der Stockriewer.

Nach der Abdankung ließen ihn die neuen Herrscher mit Hauptmann Harald an der Spitze gnädig und großzügig gewähren. Seinen Machtverlust verkraftete Ex-Durchlaucht Stefan I. ganz gut: Ausgelassen tanzte er zur Musik von Musikus Charly (Bög) im Sitzungssaal seines Hofrates – als sei nichts gewesen. Statt einen Sack voll Geldscheine, wie erwartet, bekamen Philipp und Guido jeweils nur eine Mini-Stadtkasse überreicht, die schon von der Größe her nicht viel beinhalten konnte.  

Wegen der schnellen Selbstaufgabe des Stadtoberhaupts herrschte eitle Freunde unter den Garden und den Offizieren der Sondereinheit „Narhalla“. Rund 200 Aufrührer hatten sich auf dem Vorplatz versammelt, wo sie lautstark die Kapitulation forderten. Trotz (halbherziger) Gegenwehr der wenigen Verteidiger ließ sich der Lauf der Geschichte nicht mehr aufhalten.

Einige der Revolutionsgarden kamen sogar in Uniformen, mit Kappen statt Helmen, setzten eine laut tönende Kanone ein, stürmten sodann mit dem Schlachtruf aus alten Festungszeiten, „Jetzt geht’s los“, die Rathaustreppe hoch, besetzten den Sitzungssaal und labten sich an den gedeckten Tischen. Unterwürfige Rathausmitarbeiter stellten immer wieder Getränke und Knabbereien bereit.

Am Aufstand und am Sturm aufs Rathaus beteiligten sich auch verräterische Stadtväter. Desillusionierend für den entthronten Alleinherrscher: Nur ein Dutzend zwangsverpflichtete Getreue, darunter ein einziger wohlgesonnener Hofrat, leistete ihm Beistand.

Schmidhuber

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