Philippsburgs Probleme: allein 540 Zuzüge aus Südosteuropa
Vorerst 100 neue Plätze für Anschluss- und Obdachlosenunterbringung benötigt
Was die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, Zuwanderern und Obdachlosen anbelangt, so muss die Stadt Philippsburg eine wahre Herkulesaufgabe bewältigen. In Baden-Württem-berg haben 27 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund, in der Gesamtstadt sind es 34 Prozent, in der Kernstadt 44 Prozent. Die erste Herausforderung für Philippsburg war die kurzfristig eingerichtete Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Huttenheim mit 450 Flüchtlingen - mit allen Begleiterscheinungen. Bis jetzt hat die Stadt - im Gegensatz zu den Umlandgemeinden - noch keine Zuweisungen für eine Landkreis-Gemeinschaftsunterkunft bekommen. Das Landratsamt hat zwar 30 Plätze in Rheinsheim und Huttenheim angemietet, aber noch nicht belegt.
Als noch mit einem großen Flüchtlingsansturm zu rechnen war, schloss die Kreisverwaltung einen auf zwei Jahre angelegten Pachtvertrag für ein Gelände am Rande des Gewerbegebiets „Bruchstücker“. Dort sollten 200 GU-Unterkünfte in Form von Wohncontainern entstehen, doch laut Mitteilung des Landratsamtes vom 29. September („Gemeinschaftsunterkunftsprojekte werden nicht weiter verfolgt“) ist diese Planung inzwischen passe, so dass das Areal jetzt als reine Reservefläche dient.
Riesensorgen bereitet Bürgermeister Stefan Martus und dem zuständigen Amtsleiter Erich Schweikert der „riesengroße Zuzug“ von osteuropäischen Familien und Singles. Gab es 2010 gerade 46 Rumänen, Bulgaren und Ungarn im Ort, so sind es aktuell 540. Der größte Anteil kommt aus Rumänien und gehört zur Gruppe Sinti und Roma. „Diese Entwicklung schafft allergrößte Probleme, besonders was unsere Infrastruktur anbelangt. Sie schlägt voll durch auf Kindergärten und Schulen“, betont Schweikert. „Hinzu kommt: Wir haben mit sehr vielen Analphabeten zu tun.“ Warum zieht es diese Menschen nach Philippsburg? „Die Südosteuropäer aus den EU-Ländern werden von hier lebenden zugewanderten Familienclans geholt“, lässt Martus wissen. „Andernorts drücken die Flüchtlingszahlen, uns hier diese Zuströme.“
Zu bewältigen hat die Stadt auch ihre Anschlussunterbringung (AU). Derzeit sind 80 Syrer aufgenommen. Bis zum Jahresende dürften es 112 Bürgerkriegsflüchtlinge sein. „Weitere Probleme kommen auf uns zu“, erwartet das Stadtoberhaupt, „denn wir müssen auch mit Familiennachzügen rechnen.“ Vor diesem Hintergrund geht die Verwaltung mit Nachdruck an die Schaffung von Wohnraum in den „Bruchstückern“. Dort – neben dem GU-Grundstück des Landkreises - soll Platz für zunächst 100 Personen geschaffen werden. Bei Bedarf könnte das Doppelte zustande kommen. In den Wohncontainern sollen auch die gut 40 Obdachlosen, darunter etliche Rumänen, eine Bleibe finden.
Das Erfreuliche am Ganzen: „Wir haben in Philippsburg ein einzigartiges, ja tolles Netzwerk zur Eingliederung der Flüchtlinge ins örtliche Gemeinwesen“, hebt Schweikert hervor, so vor allem der Freundeskreis Asyl, der nach Auflösung der Behelfs-LEA die Sozial- und Verfahrensbetreuung der Flüchtlinge in der AU übernommen hat. Unverzichtbare Hilfe leistet - neben der städtischen Flüchtlingsbeauftragten Rita Metzger und dem Hausmeister Roman Rost - der AK „Integration Philippsburg Füreinander-aktiv-Miteinander“ mit vielen Ehrenamtlichen, darunter zahlreiche Migranten. Sie organisieren das Begegnungscafé, den Frauentreff, Freizeit und Sport, Sprache und Spiele, die Begleitung zu Ämtern und Behörden.
(Schmidhuber)