Pleitegeier in Philippsburg
Künstlerin Dr. Karin Bury zeigt derzeit 40 expressive Exponate im Rathaus
Gleich zwei Pleitegeier haben sich im Philippsburger Rathaus eingenistet. Mit leicht überheblichem Blick beobachten sie – kurz nach Beratung der Jahresbilanz 2018 im Gemeinderat - das Treiben auf den Fluren. Noch kreisen sie nicht bedrohlich, hinterlassen aber den Eindruck, als warten sie auf ihren Abflug. Die symbolträchtigen Tierchen in Goldrahmen erinnern an die „Finanzexperten“ und an deren weltweit verursachten Finanzpleiten.
„Mit meinen Bildern will ich nichts andeuten“, äußert sich schmunzelnd die Künstlerin Dr. Karin Bury aus dem pfälzischen Schifferstadt, die derzeit im Rathaus ihre schönsten Werke ausstellt. Bis Ende Mai sind die Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Nahezu 40 Exponate hängen an den Wänden - auf zwei Stockwerken.
Der Bezug zu Philippsburg kam im Spätjahr 2017 zustande, als die Malerin und Kunsthistorikerin in ihrer Laudatio den Künstler Bernhard Staudenmayer und seine Arbeit vorstellte. Jetzt steht sie selbst im Mittelpunkt. „Eine Dekade im Wandel zwischen Realismus und Abstraktion“, so hat sie ihre Präsentation überschrieben. Teils arbeitet sie mit Graustufen, die mehr zum Nachdenken als manche bunten Darstellungen anregen. Ihre farblich oft reduzierten Momentaufnahmen kreisen häufig um die Frage „Was bleibt am Ende?“
Zu den auffälligsten Titeln gehören der „große Unbekannte“, der „Instinkt“ oder „Klick“: der Fotograf, der die Welt nur durch die Kamera sieht. Intensiv beschäftigt sich die Kunstexpertin mit der Vergänglichkeit der Natur. Ein Blumenstrauß „Natur auf Zeit“, in Schwarz-Weiß gemalt, verdeutlicht, wie oft Pflanzen als Dekorationsobjekte gebraucht werden, ohne sich nach ihrem Dahinwelken noch an ihre Farbigkeit zu erinnern. Sie landen im Müll - im „Raum für verbrauchte Natur“.
„Gott und die Welt“ heißt ein Exponat, das den bärtigen weißgekleideten Gottvater in einer Bushaltestelle zeigt. Von einer Rathauswand blickt auch die „Königin der Nacht“. Neben dem Eingang ins Bürgermeisterzimmer ist eine Aufforderung „Halt“ zu erspähen: ein Stück Stacheldraht. Was das auch immer zu bedeuten hat? Hauptsächlich Acryl verwendet Karin Bury, mitunter auch ein ungewöhnlicher Materialmix, etwa aus Sand, Gräsern, Laub, Muschelsplitter.
Seit 2001 ist die 55-jährige gebürtige Schwarzwälderin freischaffend als Malerin und Dozentin, ebenso als Kursleiterin an verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig. Was in Philippsburg besonders auffällt: Sie löst ihre Motive aus dem ursprünglichen Kontext heraus, verknappt und verdichtet sie auf der Leinwand, indem sie auf schmückendes Beiwerk verzichtet und Hintergründe fast immer ausblendet.
Schmidhuber