Schnakenjahr der Superlative geht zu Ende
2016 gab es etwa vier Mal soviel Stecherinnen wie in früheren Jahren
Gute Nachrichten für alle Gestochenen, schlechte Nachrichten für alle Stecherinnen (denn nur die Weibchen pieksen): Die angeblich schlimmste Schnakenplage seit Jahrzehnten geht zu Ende. „Wir haben praktisch keine Stechmücken mehr“, lässt die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) wissen. „Jetzt können wir Entwarnung geben“, betont „Schnakenpapst“ Norbert Becker.
Grund für die von vielen Rheinanwohnern begrüßte Reduzierung der verhassten kleinen Biester: die heiße trockene Witterung der vergangenen Wochen und die intensive Bekämpfungsmaßnahmen. Aufgrund der häufigen Regenfälle und der insgesamt 13 Hochwasserspitzen („so viel wie noch nie“) hatten sich im Sommer 2016 die Plagegeister geradezu explosionsartig vermehrt. Zu den Leidtragenden gehörte vor allem die Rheinschiene. „Wir haben ein Mehrfaches an Bekämpfungsmittel eingesetzt“, informiert Experte Becker. Seit März des Jahres waren laut KABS rund 300 Schnakenbekämpfer im Dauereinsatz.
2016 geht als besonderes Schnakenjahr in die Geschichte ein: als ein Schnakenjahr der Superlative. Die Stechmücken haben in diesem Jahr so geballt ihr Unwesen wie seit Jahrzehnten nicht mehr getrieben, meint der wissenschaftliche Direktor Becker. 2016 gab es etwa vier Mal soviel Stecherinnen wie in früheren Jahren. In den aufgestellten KABS-Fallen landeten pro Nacht in der Hochsaison bis zu 3.500 Exemplare, vor zwei Tagen fanden die Prüfer so um die 30, informiert Diplom-Biologe Achim Kaiser, der für die Erfolgskontrollen zuständige Mann.
Warum kam es zu dieser Plage? Die sogenannten Rheinschnaken legen ihre Eier am Ufer und in den Auen ab. Wenn das Wasser steigt und die Eier überspült, schlüpfen die Larven. Bei 13 Hochwasserspitzen wundert die Vermehrung nicht. „Hinzu kommt: Der fast anhaltend hohe Wasserstand hat die Bekämpfung in diesem Jahr erheblich erschwert“, sagen die Fachleuchte der KABS. „Ohne die KABS-Bekämpfungen hätten wir alle eine Katastrophe erlebt“, bekunden interne und externe Fachleute. Derzeit gehören dem Anti-Schnakenverband 99 Gebietskörperschaften (97 Gemeinden und Landkreise sowie die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) an. Das Gebiet reicht von Bingen bis zum Kaiserstuhl.
Trotz der massiven Abwehrmaßnahmen der Mückenjäger von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft schwirrten in diesem Sommer zig Milliarden Moskitos durch die Gegend. Philippsburg dürfte wohl einer der Lieblingsaufenthaltsorte der Schnaken gewesen sein. Mehr als andere Kommunen mussten die rheinnahen Orte Rheinsheim und Rheinhausen die brummenden Peiniger erdulden.
Probleme gibt es mitunter mit der genauen Bezeichnung der Quälgeister. So klären die Schnakenjäger auf, dass sie am Oberrhein natürlich keine Schnaken, sondern Mücken bekämpfen: „Schnaken“ sei der im Einsatzgebiet mundartlich gebräuchliche (aber nicht korrekte) Ausdruck für Stechmücken. Diese benötigen das Blut zu ihrer Fortpflanzung. Um es zu schlürfen, benötigen sie ein spezialisiertes Mundwerkzeug mit stechend-saugendem Rüssel. Nur die weiblichen Insekten stechen und saugen.
(Schmidhuber)