Vielversprechendes „Quartiersprojekt“ kann jetzt starten
Caritas probiert in Philippsburg neue Form der Zusammenarbeit aus
In höchsten Tönen pries Amtsleiter Erich Schweikert das Projekt: Es bestehe für Philippsburg eine „geradezu einmalige Chance“ zur Teilnahme an einem „geradezu einzigartigen Förderprogramm“. Der Gemeinderat ließ sich überzeugen, packte die Möglichkeit beim Schopf und stimmte der von der Verwaltung empfohlenen Antragstellung auf Umsetzung des „Quartiersprojekts zur Weiterentwicklung des Gemeinwesens für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung zu.
Damit gab er auch sein Ja zur Bereitstellung der Sachkosten von jährlich bis zu 4.000 Euro. Das Deutsche Hilfswerk (DHW) unterstützt die Maßnahmen zur Quartiersentwicklung auf Dauer von drei Jahren. Eine Verlängerung um zwei weitere Jahre ist möglich. Im Falle einer Bewilligung werden die anfallenden Personalkosten mit 0,75 Stellenanteilen durch das Förderprogramm und Eigenmittel der Caritas gedeckt.
Warum das Ganze? Die Stadt soll noch lebenswerter werden - vor allem durch aktive Mithilfe ihrer Mitbürger, so lautet die Zielsetzung. Mit „Quartier“ ist ein bestimmtes Gebiet gemeint: zunächst einmal die Kernstadt. Zu den Zielgruppen gehören auch Menschen mit Migrationshintergrund, hieß es. Philippsburg weise hier mit 38 Prozent den höchsten Landkreisanteil auf.
Zu Beginn des Projekts waren anhand einer Sozialraumanalyse Antworten auf die Frage ermittelt worden: Was braucht Philippsburg, um hier gut leben und alt werden zu können? Der Fokus der Forschung lag auf Aspekte wie Verbesserung der Zukunftsfähigkeit, Wohnkomfort, Wohlbefinden, Nachhaltigkeit. Im Zuge ihrer Arbeit hatte Projektleiterin Dr. Judith Schoch insgesamt zwölf Experteninterviews geführt und mit fünf Zielgruppen gesprochen.
Mit dem Vorhaben sollen die Einwohner zum Engagement für Aktivitäten gewonnen werden, die es noch nicht gibt. Bestehende Angebote von Ehren- und Hauptamtlichen könnten gut vernetzt werden. Warum ist ein Quartiersprojekt speziell für Philippsburg angesagt? Neben steigenden Kinderzahlen führt der demographische Wandel in den nächsten Jahrzehnten zu einer starken Zunahme der Anzahl älterer Menschen über 65 Jahren. Die über 80-Jährigen nehmen bis 2025 um 28 Prozent zu.
Mit den Wohn- und Pflegeangeboten werden zwar die materiellen Rahmenbedingungen für das Leben im Alter entscheidend verbessert. Aber der Mensch benötige vor Ort soziale Kontakte und altersgerechte, mitunter generationenübergreifende Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Bildung und Gesundheitsförderung. Besonders deutlich wird der Wunsch nach Begegnungsmöglichkeiten und Unterstützungsangeboten wie Nachbarschaftshilfe. Wie es hieß, könnte das Quartiersprojekt Philippsburg im ersten Halbjahr 2021 starten.
Mit den Personalausgaben haderte die CDU etwas, stimmte letztlich aber zu. Ihr Sprecher Werner Back vermisste die Einbeziehung der sich in der Stadt konzentrierenden Südosteuropäer. Auf die vielschichtigen Probleme wies Peter Steinel (Uli) hin, der eine große Aufgabe in der Einbindung der „Integrationsverweigerer“ sah. Für Jasmine Kirschner (SPD) ist der Aufbau eines Netzwerkes enorm wichtig. Wie sie, so forderte Peter Kremer (FW), den Blick auf den Stadtteil Huttenheim zu richten und – wie Rheinsheim auch – in das Quartierprojekt einzubinden.
(Schmidhuber)