Bürgermeister Martus zur Lage in Philippsburg I 08.04.2020
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir werden 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ein Osterfest begehen, wie wir es noch nie erlebt und gefeiert haben.
Wir müssen in diesem Jahr auf vieles verzichten, was wir gerne tun: Auf Familienbesuche, auf Gottesdienste, auf das unbeschwerte Ostereiersuchen im Garten der Großeltern.
Aber so traurig es ist, dass wir uns nicht im großen Familienkreis sehen, umarmen und besuchen können: In Corona-Zeiten ist soziale Distanz ein gelebter Akt der Nächstenliebe.
Wir halten zusammen – auch, wenn wir dabei räumlich getrennt sein müssen.
Das Coronavirus schläft leider nicht oder hat gar Ferien. Es gönnt uns auch keine Pause. Eine Lockerung der Maßnahmen wäre zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu früh.
Was ich zu Beginn der Pandemie geschrieben habe, gilt genauso für die letzten Tage – nämlich, dass es nun auf die entscheidenden Tage ankommt!
Zu früh aufgeben, würde uns wieder zurück werfen. Gerade jetzt brauchen wir Ausdauer und ich weiß, dass wir die gerade in Philippsburg auch haben. Wir riskieren sonst Gesundheit und Leben unserer Familienangehörigen, unserer Nachbarn, unserer Mitmenschen.
Ich weiß aber auch, dass die Situation für viele immer schwerer zu ertragen ist. Dies gilt besonders für Menschen, die alleine leben. Für Familien mit Kindern verlangt die jetzige Zeit Vieles ab: Kinder dürfen oftmals nicht mehr Kind sein und müssen schneller erwachsen werden.
Ich denke aber auch ganz besonders an unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Pflegeheimen. Es sind gerade die Infektionen in Pflegeheimen, die zeigen, warum wir uns alle derart einschränken müssen. Bei den Bewohnerinnen und Bewohnern kann das Virus sehr schwere Verläufe nehmen und zum Tod führen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir weiter achtsam sind.
Es gibt aber auch Grund für Zuversicht. Wir haben in Deutschland ein exzellentes Gesundheitssystem. Mein Dank gilt allen, die Höchstleistungen für unsere Gesundheit bringen: Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, Pflegerinnen und Pfleger, Laborfachkräfte sowie die Kräfte im Rettungsdienst.
So wie ich es wahrnehme, sind wir auf dem richtigen Weg: Wir haben die Zeit genutzt und konnten die Anzahl der Intensivbetten in Deutschland von 28.000 auf jetzt 40.000 Intensivbetten anheben. Auch im Landkreis Karlsruhe und in der Region wurden die entsprechenden Verbesserungen umgesetzt.
Im Vergleich zu vielen anderen Gebieten in der Welt sind wir immer noch in einer sehr guten Situation - zum Glück!
Es sind jetzt „erst“ 17 Tage her, dass für uns alle in Baden-Württemberg und seit 19 Tagen in Philippsburg ein strenges Kontaktverbot gilt. Und bereits seit 23 Tagen sind die Kindergärten und Schulen geschlossen. Die Erfolge der Maßnahmen sind jetzt so langsam sichtbar.
Es gibt keinen Zweifel – es handelt sich um harte Einschnitte in die Grundlagen unseres Lebens, die uns allen viel abfordern. Das gilt gleichermaßen für die Familien und das Privatleben wie für uns als Arbeitnehmer oder Betriebs- und Geschäftsinhaber. Lange sind bereits die meisten Geschäfte und die Gaststätten geschlossen und es ist noch nicht absehbar, wann wir wieder öffnen können.
Zugleich gibt es in diesen Tagen viele Menschen, die in ihren Berufen und im Ehrenamt außergewöhnliches leisten.
Unsere Gesellschaft wird insgesamt gerade auf eine harte Probe gestellt, die uns viel abverlangt. Mit zunehmender Zeit kommen viele von uns an die eigene Belastungsgrenze und auch unsere Gemeinschaft und der Rechtsstaat sind herausgefordert. Was die Pandemie mit uns wirtschaftlich macht, ist bereits absehbar, aber im gesamten Ausmaß noch nicht abschätzbar.
Umso mehr freut es mich, dass wir mit viel Disziplin und Engagement an unserem Ziel festhalten und anstreben, die Zahl der bekannten Corona-Neuerkrankungen signifikant einzubremsen.
Damit Sie erkennen, was unsere Disziplin erreicht hat (Stand 08.04.2020):
Stadt Philippsburg: 8 infizierte Personen, 2 genesene Personen, 0 Verstorbene,
Landkreis und Stadt Karlsruhe: 956 Infizierte, 299 Genesene, 19 Verstorbene.
Der Anstieg der bekannten Neuerkrankungen wäre im Landkreis erkennbar zurückgegangen, hätte der Virus nicht drei Pflegeheime erreicht. Die Entwicklung ansonsten ist aber linear und nicht mehr exponentiell. Dies ist eine Momentaufnahme, die Hoffnung macht und Motivation für die kommenden Tage sein sollte.
Das Robert-Koch-Institut meldet für den Landkreis 579 Erkrankte und 12 Verstorbene. Seit dem 3. April 2020 ist eine „Seitwärtsbewegung“ erkennbar und damit zwei Tage früher als außerhalb des Landkreises. In Deutschland haben wir diese Seitwärtsbewegung - in Baden-Württemberg derzeit leider noch nicht.
Dieser Blick auf die Zahlen macht sehr deutlich, dass wir in den kommenden Tagen bis zum 19.04.2020 noch sehr diszipliniert bleiben müssen.
Denn exakt 14 Tage nach dem ersten sonnigen Wochenende - als die Plätze noch voller Menschen waren - gingen die Zahlen der bekannten infizierten Menschen deutlich nach oben. Der Zusammenhang war offensichtlich. Jetzt sieht es durch die bestehende Kontaktsperre sehr viel besser aus.
Ich bitte Sie deshalb alle während der kommenden Osterfeiertage und noch bis mindestens zum 19.04.2020, das nach wie vor bestehende Kontaktverbot zu beachten und umzusetzen.
Bleiben Sie im Kreis Ihrer engsten Familie und vermeiden Sie in der Öffentlichkeit Kontakte mit mehr als einer fremden Person.
Halten Sie vor allem auch den empfohlenen Abstand von mindestens 1,5 Metern ein.
Die allermeisten von Ihnen verhalten sich aber mustergültig, was maßgeblich dazu beigetragen hat, dass sich die Entwicklung bei den Infektionen verbessert hat.
Sofern wir weiterhin eine Verlangsamung bei der Infektionsentwicklung erreichen können, ist es denkbar, dass es nach dem 19.04.2020 eine stufenweise Normalisierung von Teilbereichen unseres Lebens geben kann.
Das ist sicher auch notwendig und auch in Ihrem Interesse und sollte unser aller Ziel sein. Wann genau es Änderungen geben kann und wie sie im Detail aussehen werden, ist noch nicht bekannt.
Bitte wirken Sie alle mit, dass wir dieses Ziel erreichen können. Polizei und Ordnungsamt werden weiter darauf achten, dass die Regeln und Vorgaben der geltenden Corona-Verordnung eingehalten werden.
Geben Sie auf sich, Ihre Mitbürger/innen und Ihre Lieben acht!
Ich bin überzeugt davon, dass die Krise unsere Gesellschaft weiterbringt, wenn wir sie jetzt gemeinsam durchstehen.
Vielleicht ist das in diesem Jahr die zentrale Osterbotschaft:
Nämlich, wie entscheidend Zusammenhalt und Solidarität für uns alle ist.
Ich bin stolz auf den großartigen gesellschaftlichen Zusammenhalt in Philippsburg.
DANKE DANKE DANKE!
Ich wünsche Ihnen allen frohe Ostern. Bleiben Sie gesund.
Machen Sie das Beste aus diesen besonderen Ostertagen des Jahres 2020!
Herzliche Grüße
Ihr
Stefan Martus
Bürgermeister