Krieg in der Ukraine

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

vermutlich geht es vielen Menschen so wie mir:
Frieden, Freiheit, Demokratie. Ein Europa. So bin ich seit meinem Studium, nach meiner Zeit bei der Bundeswehr, aufgewachsen. Ein Angriffskrieg in Europa, das war für mich unvorstellbar.

Während meiner Schulzeit und bei der Bundeswehr habe ich die Zeit der Blockkonfrontation bewusst wahrgenommen und war unendlich glücklich, dass wir nach dem 9. November den Kalten Krieg hinter uns ließen.

Der Krieg in der Ukraine, konkret die russische Aggression, weckt jedoch die Erinnerungen an meine Schulzeit, als in einem Teil Deutschlands die Angst vor dem kapitalistischen Klassenfeind und im anderen Teil die Angst vor dem sowjetischen Überfall herrschte. Der Dritte Weltkrieg, als Atomkrieg, schien möglich.

Mir als Jugendlichem stellten sich konkrete Fragen, mit denen sich jüngere Generationen bis vor einigen Tagen zum Glück gar nicht beschäftigen mussten: Kann „zur Bundeswehr gehen“ in einem Schützengraben an der Zonengrenze enden? Kann ein kleines Missverständnis oder ein verrückter General das Ende der Welt bedeuten?

Unter dem damaligen Eindruck haben sich auch Künstlerinnen und Künstler dieser Frage angenommen.

Entstanden sind Lieder, die heute wie selbstverständlich zur Popkultur gehören. Nenas „99 Luftballons“ oder auch etwas später „Leningrad“ von Billy Joel oder „Russians“ von Sting.

„Russians“ liegt mir bis heute sehr am Herzen. Zwei Zeilen daraus und eine (freie) Übersetzung möchte ich Ihnen zum Wochenende mitgeben.

There is no historical precedent, to put the words in the mouth of the president.

Es gibt kein Beispiel in der Geschichte, das dem Präsidenten als Rechtfertigung dienen könnte.

Noch freier, es gibt keinen Krieg, der als Rechtfertigung für einen neuen Krieg dienen kann.
UND
There's no such thing as a winnable war, it's a lie we don't believe anymore.

Wir glauben die Lüge nicht mehr, dass es einen Krieg gibt, den man gewinnen kann.

Dass wir - aber vor allem, dass unsere Kinder, dies erleben müssen, macht mich unfassbar traurig.

Haben wir den Frieden genauso wie Demokratie und Freiheit als zu selbstverständlich angesehen?

So sehr ich möchte - ich kann Ihnen die Antwort darauf nicht geben.

Aber Wünsche darf man haben und was ich mir wünsche ist ein Leben in Frieden und Freiheit für ganz Europa und nicht minder für alle Menschen auf der Welt.

Die Geschwister Scholl wählten für ihre antifaschistische Widerstandsgruppe im Zweiten Weltkrieg den Namen „Weiße Rose“. Seither steht die weiße Rose für Toleranz und Humanität und erinnert an bereits gestorben / gefallene Personen. 

Mit freundlichen Grüßen
Ihr 

Stefan Martus
Bürgermeister

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