Traditionelle weihnachtliche Ansprache von Bürgermeister Martus

an Heiligabend auf dem Philippsburger Friedhof:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

endlich, der Heilige Abend, die Weihnachtszeit 2023 ist da und wir versammeln uns traditionell zu weihnachtlichen Weisen, gespielt vom Musikverein Stadtkappelle Philippsburg, auf dem Philippsburger Friedhof.

Die vergangenen Tage waren sicher wieder zum einen voller Vorfreude, zum anderen, natürlich, wie jedes Jahr, war es der kleine Stress vor Weihnachten.

Nun sollte alles geschafft sein, der Baum steht, die Geschenke sind gekauft oder mit Liebe gebastelt, und hoffentlich ist auch die Familie beieinander.

Das Jahr 2023 war wieder voller Herausforderungen. Es hat uns viel abverlangt, es hat uns überrascht und es hat uns leider auch verunsichert.

Umso mehr wünschen wir uns alle ein wenig Ruhe und Besinnlichkeit für die nächsten Tage.

In diesem Jahr, genauer gesagt im letzten Monat konnten wir ein besonderes Jubiläum feiern: Die Verfassung von Baden-Württemberg wurde 70 Jahre alt.

Am 19. November 1953 war es soweit: Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg ist in Kraft getreten und bestimmt seither die Spielregeln der baden-württembergischen Demokratie.

Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg war – abgesehen vom Sonderfall des Saarlandes – bis zur deutschen Wiedervereinigung die jüngste unter den Verfassungen der deutschen Länder. Sie ist zusammen mit unserem Grundgesetz die stabile Grundlage für unser Zusammenleben.

Mit ihr haben wir schon Vieles durchlebt:

Wir können und konnten in Zeiten von Pandemie, Energiekrise und nun sogar während eines schrecklichen Krieges in Europa und auch dem wieder heißen Nahost-Konflikt auf sie bauen.

Die Botschaft für unsere Verfassungsmütter und –väter nach dem 2. Weltkrieg war eindeutig: Nie wieder Krieg!

Doch die Opfer von Kriegen haben 2023 weltweit einen traurigen Höchststand erreicht: 238 000 Menschen, so viele wie in Freiburg leben, sind getötet worden.

Weitaus mehr Menschen starben durch Hunger, durch medizinische Unterversorgung und auf der Flucht. Das ist erschreckend. Denn, hinter all diesen Zahlen stehen Einzelschicksale!

Gerade in der viel beschworenen friedvollen Weihnachtszeit, in der Zeit zwischen den Jahren und an Neujahr, wo viele hoffnungsfroh in die Zukunft schauen möchten, sind unsere Gedanken bei diesen Menschen und deren Familien.

Welchen Wert Frieden und Freiheit in Wohlstand hat, können wir vor allem schätzen, wenn wir auch über die Grenzen hinweg schauen, dahin, wo gerade keine Freiheit möglich ist und kein Frieden herrscht. Das Schicksal der Ukrainerinnen und Ukrainer, der Menschen in Israel und Palästina bewegt uns. Genau wie das Schicksal so vieler Menschen im Iran und so vielen anderen Ländern in denen die Freiheit mit Füßen getreten wird.

Ja, ich weiß, auch aus eigenem Erlebten: Wir suchen gerade in diesen Tagen nach friedlichen Botschaften, nach ein bisschen mehr Freude und ein paar Tagen ohne Sorgen.

Dennoch, gerade in dieser Zeit liegt die größte Dankbarkeit für den eigenen Frieden, in den Gedanken an andere, in der Hilfe und Unterstützung für diejenigen, die sie brauchen.


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

deshalb gilt mein Dank heute allen, die Deutschland, unser Bundesland und unsere Stadt am Laufen halten und dafür Sorge tragen, dass wir miteinander in Frieden und Freiheit leben, ganz gleich, wo wir herkommen, ganz gleich, woran wir glauben, ganz gleich, wen wir lieben.

Entscheidend ist, dass wir respektvoll miteinander umgehen, unsere Meinung ohne Angst vor Repressalien sagen können, uns auf der Straße, friedlich und ohne Gewalt begegnen können.

Deshalb mein Wunsch und dies sollte nicht nur für Weihnachten gelten: Auch Worte können Gewalt erzeugen, sie sollten deshalb wohl überlegt sein, offen und ehrlich, aber nicht verletzen.

Das Jahr 2023 hat so Vieles gezeigt, Angriffsversuche auf unsere Demokratie, Wut, Verzweiflung, Krieg.

Es hat aber auch gezeigt, mit welcher Fröhlichkeit und Freude die Menschen in unserer Stadt 400 Jahre Namensrechte Philippsburg gefeiert haben, Geflüchteten selbstlos geholfen, in Gesundheitseinrichtungen um jedes Leben gekämpft, Feuer gelöscht, friedliebende Menschen geschützt, in Kindergärten und Schulen Bildung vermittelt, in den Kirchen Nächstenliebe gelebt haben.

Dafür können wir nicht genug dankbar sein. Ihnen allen ein herzliches DANKE.

Sorge bereitet mir hingegen, die zunehmenden Versuche, hilfsbedürftige Menschen gegeneinander auszuspielen. Populisten schüren den sozialen Neid, indem sie Hilfs-bedürftige diskriminieren oder mit rassistischen Vorurteilen belegen. Gewalt in Worten und in Taten gehen Hand in Hand. Es ist unsere aller Aufgabe, populistischen Anfeindungen entschieden entgegenzutreten, damit Rassisten und Terroristen, Menschen, die unsere Werte buchstäblich mit Füßen treten, keinen Rückhalt in der Bevölkerung verspüren.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

abschließend appelliere ich noch einmal an alle, für Zusammenhalt und Solidarität sowie eine offene Gesellschaft einzustehen. Demokratie und Frieden müssen immer wieder verteidigt, soziale Gerechtigkeit immer wieder erkämpft werden. Frieden bedeutet nicht nur das Schweigen der Waffen, sondern verlangt zugleich eine gerechte und inklusive Gesellschaft, in der die Würde jedes Einzelnen geachtet wird. Denn soziale Sicherheit ist und bleibt der wichtigste Pfeiler gegen Hass und Gewalt!

Liebe Philippsburgerinnen und Philippsburger,
ob im Gebet oder in fester Umarmung, mit den besten Wünschen für die Genesung von Erkrankten, Ihnen nun allen ein schönes, besinnliches und fröhliches Weihnachtsfest, in Frieden und Freiheit für alle.

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