Krieg in der Ukraine: Aktuelle Informationen der Stadt Philippsburg I Stand: 18.03.2022
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
am Donnerstag, 10. März 2022, standen plötzlich 31 ukrainische Geflüchtete vor der Bruhrainhalle in Huttenheim. Nach viertägiger Reise aus dem Kriegsgebiet, völlig ausgehungert und übernächtigt, war der Bus zunächst in Speyer angekommen. Die Kriegsflüchtlinge waren dort angemeldet und zur Unterbringung vorgesehen. Da die Aufnahmeeinrichtung in Speyer völlig überlastet war, wurden die 31 geflüchteten Personen, nach vorherige Rücksprache mit der Stadt Philippsburg, mit dem Bus nach Baden-Württemberg gefahren. Unter den Geflüchteten waren zahlreiche Kinder, das Jüngste gerade einmal acht Monate alt.
Spontan und unbürokratisch organisierten Mitarbeiter der Stadt Philippsburg und der großen Kreisstadt Waghäusel binnen weniger Stunden die Unterbringung aller Geflüchteten in privaten Haushalten und Wohnungen. Zuvor hatten Helfer vor Ort in einer konzertierten, nicht minder spontanen Aktion, die Bruhrainhalle provisorisch für die vorübergehende Unterbringung der Frauen und Kinder vorbereitet: Feuerwehr, Polizei, Ordnungsamt, DRK und Bauhof sowie Hausmeister stellten Betten auf, sorgten für Waschgelegenheiten, ein ausgiebiges Frühstück und die Betreuung der Kinder. Noch während sich die Geflüchteten stärkten und wieder zu neuen Kräften kamen, traten die beiden Verwaltungen und die vielen Helfer eine Messenger- und Telefonkette los, deren Endergebnis die vollständige Unterbringung aller geflüchteten Personen in privaten Haushalten und Wohnungen war. Dies alles konnte innerhalb weniger Stunden umgesetzt werden.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
eigentlich wollte ich nach den Erlebnissen von 2015, (das Regierungspräsidium Karlsruhe belegte praktisch über Nacht in Huttenheim eine Industriehalle mit Flüchtlingen, darunter viele Kinder), nicht mehr in übermüdete, verängstigte von Flucht und Krieg gezeichnete hungrige Kinderaugen schauen. Mir kam spontan die Frage meiner damals 6 Jahre alten Tochter wieder in den Sinn: „Haben jetzt wenigstens alle Kinder was zu essen?“.
Am 24.02.2022 wurde unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Putin hat einen Angriffskrieg auf europäischem Boden begonnen. Die geopolitische Lage musste von einem auf den anderen Tag ganz neu bewertet werden, unser Bundeskanzler hat in einer Sondersitzung des Bundestages am 27.02.2022 in seiner Regierungserklärung eine Kehrtwende der deutschen Nachkriegspolitik eingeleitet und spätestens seit dem letzten Donnerstag sind die Auswirkungen des Krieges in Philippsburg angekommen.
Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine, in der Regel Frauen und Kinder, erreichen Deutschland. Auf ihrer Flucht vor dem brutalen Angriffskrieg Russlands haben sie den Weg zu uns nach Deutschland gefunden, jeden Tag kommen Tausende hinzu. In Polen sind Sporthallen bereits zu Flüchtlingsunterkünften bzw. Lagerhallen für Hilfsgüter umfunktioniert worden. Die logistische Herausforderung, all diese Menschen schnellstmöglich und gut unterzubringen, stellt alle Behörden und vor allem uns in den Kommunen vor große Herausforderungen. Jede Hilfe ist dabei nicht nur wünschenswert, sondern auch absolut notwendig.
Jeder noch so kleine Wohnraum gibt den Geflüchteten einen Rückzugsraum in ihre Privatsphäre, den diese dringend benötigen. Dabei sind wir vor allem auf Ihre Bereitschaft, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, angewiesen. Es hängt entschieden von Ihnen, bzw. von jedem Einzelnen von uns ab, ob es auch in Zukunft gelingt, auf derart kurzem Wege, Wohnraum für Geflüchtete zu vermitteln und die Unterbringung in Industriehallen zu verhindern bzw. so schnell wie möglich wieder zurück zu bauen. Je mehr Menschen aus dem Kriegsgebiet ihren Weg zu uns finden, desto herausfordernder wird die Situation für alle Beteiligten werden.
Wir suchen nach wie vor Wohnraum (leerstehende Häuser oder leerstehende (Einlieger)-Wohnungen) für geflüchtete Frauen mit ihren Kindern. Wenn Sie uns helfen können, melden Sie sich bitte bei uns! Kontaktieren Sie hierfür bitte Herrn Claus Gilliar per E-Mail (claus.gilliar@philippsburg.de) oder Telefon 07256 87-135. Vielen herzlichen DANK!
An dieser Stelle danke ich nochmals allen am Betreuungseinsatz am 10.03.2022 Beteiligten. Innerhalb kürzester Zeit konnte durch das Zusammenarbeiten vieler Mitarbeiter der Stadt Philippsburg, der DRK Bereitschaften Philippsburg und Huttenheim zumindest Schlafplätze innerhalb der Halle, eine vernünftige Verpflegung und ein Covid19-Schnelltest bereitgestellt und durchgeführt werden.
Noch erfreulicher war die Tatsache, dass uns bereits gegen 15 Uhr die letzte Gruppe aus der Bruhrainhalle wieder verlassen konnte und vorerst in privaten Unterkünften innerhalb der Gemeinden Philippsburg und Waghäusel untergekommen sind. Die Transporte in die jeweilige Unterkunft wurden von den Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr und Mitarbeitern der Stadt übernommen.
Nochmals herzlichen Dank für diese tolle, ergebnisorientierte und interkommunale Zusammenarbeit - das war eine sehr starke Leistung von ALLEN!
Ebenfalls sehr beindruckend war die enorme Spendenbereitschaft für die partei- und fraktionsübergreifende Initiative, die sich in Philippsburg auf Veranlassung von Peter Steinel gebildet hat. CDU, ULi, FW und SPD riefen zu einer gemeinsamen Hilfsaktion für die Ukraine und insbesondere die flüchtenden Frauen und Kinder auf. Gesammelt wurden am vergangenen Freitag u.a. Kindernahrung, Windeln, Hygieneartikel, Trockennahrung, Konserven.
Der Lkw der Fa. Steinel hat die Spenden aus der Bevölkerung bereits an zwei Stellen in Polen abgeladen. Die Hilfsgüter sind mittlerweile bei den geflüchteten Ukrainer*innen mit ihren Kindern angekommen und. die beiden engagierten Fahrer sind wieder wohlbehalten in Philippsburg angekommen.
Zusammen werden wir in Philippsburg auch aus dieser Krise gestärkt hervorgehen. Während andere noch planen, handeln wir schon.
Ich bin stolz auf Sie und die bei uns gelebte Solidarität!
Ihr
Stefan Martus
Bürgermeister